Buchlersches Weinhandels-Palais

Gerlachsheim

Buchlersches Weinhandels-Palais

Gerlachsheim

Würzburger Straße 65 u. 67

Zum geschichtlichen Hintergrund des Hauses
 
Gerlachsheim, heute ein Stadtteil von Lauda-Königshofen, liegt in einem Seitental der Tauber. Der ausgeprägte Weinanbau im Taubertal (1823 waren es noch 677ha Weinanbaufläche) und in den angrenzenden Seitentälern, eine damit verbundene Überproduktion wegen noch fehlender überregionaler Handelsorganisationen und Absatzmärkte begünstigte den schnellen Aufstieg der Familie Buchler nach den Wirren und wirtschaftlichen Krisen des 30jährigen Krieges. Durch die Absicht, den alten Reichsstädten ihre früheren Handelsbeziehungen zu verwehren, und mit dem Entstehen von absolut regierten Staaten mit merkantilistischen Grundzügen, entwickelte sich ein privat orientierter Handel unter dem Protektorat der Bischöfe von Würzburg.
Tüchtige Büttner aus Main- und Tauberkreis konnten ein ausgedehntes Handelsgebiet, insbesondere in Frankfurt, erschließen, der einzigen freien binnenländischen Reichsstadt, in der der Warenhandel ein ungewöhnliches Ausmaß annahm. Trotz starker Widerstände der Stadt Frankfurt etablierten sich dort fränkische Weinhändler, unter ihnen die Familie Buchler. So wurden bereits im Jahre 1731 schon 2018 Fuder (1 Fuder = 1000 Liter) nach Frankfurt transportiert. Der Reichtum der Weinhändlerfamilien nahm im 18. Jahrhundert stetig zu. Die vielen Stiftungen von Bildstöcken und Kirchenausstattungen in und um Gerlachsheim geben dieser Bedeutung noch heute Ausdruck.
In Gerlachsheim tauchte der Name Buchler (Martin) zum erstenmal im Jahre 1651 auf, drei Jahre nach Beendigung des 30jährigen Krieges. Sein Sohn Hanns David Buchler begründete nach ehrenvoller Entlassung aus zwanzigjährigem Dienst als Klosterbüttner (1696) mit seinem Bruder Andreas neben seinem Büttner-Gewerbe die Weinhändlertradition. Auf ihn lässt sich Bauabschnitt 1 zurückführen.
Johann Peter Buchler, der Sohn von Hanns David, heiratete die Tochter eines alteingesessenen Königheimer Weinhändlers, machte sich 1706 selbständig und gründete die Buchlersche Weinhandelskompagnie. Im gleichen Jahr ließ er das Haus seines Vaters durch einen Anbau vergrößern (Bauphase 2). Mit seinem Bruder Johann Martin, den er zum Kompagnon nahm, wurde nach dem kommerziellen Einstieg in Frankfurt ein neuer Absatzmarkt in Augsburg und Amsterdam gefunden. Zwei weitere Bauphasen an ihrem Stammhaus belegen die Expansion des Unternehmens.
Johann Peter Buchler starb im Jahre 1747. Seine Söhne Johann Michael und Johann Martin führten die Geschäfte in Gerlachsheim erfolgreich weiter. Erst durch die Folgen der Säkularisation und der Veränderung der marktpolitischen Situation sowie durch das sich im 19. Jahrhundert ändernde Konsumverhalten mussten die Weinhandelsgeschäfte aufgegeben werden.
Im Jahr 1857 ging das „Buchlerhaus" in den Besitz der Familie Günther über, die heute * die Weinbautradition dieses geschichtsträchtigen Hauses weiterführt.
 
  
   *2017 wurde das Weingut Günther geschlossen.



Baubeschreibung 

Die mit ihrer Südseite der Straße zugewandte Fassade in ihrem heute weitgehend homogenen barocken Erscheinungsbild hat ihren Charakter erst im Laufe einer intensiven, schubweisen Bautätigkeit im 17. und 18. Jahrhundert erhalten. Zunächst unabhängig voneinander erstellte Baukörper wurden durch das Schließen einer Baulücke und das Überformen der vorhandenen Fassade(n) zu einem einheitlichen, abgerundeten Gesamtkomplex umgebildet.
Der älteste ursprünglich freistehende Baukörper, das linke giebelständige Haus, wurde wohl 1684 fertiggestellt. Im östlichen Eckstiel sind im 1. Obergeschoß die Initialen (HDB), die Jahreszahl (1684) sowie das Zunftzeichen der Büttner, zwei gekreuzte Reithaken, in flachem Relief eingearbeitet; Hinweise auf Hanns David Buchler, Büttnermeister, als Bauherrn.
Sein Haus ist ein zweigeschossiges Eichenfachwerk auf halbgeschoßhohem Bruchsteinsockel; der Dachstuhl komplett in Weichholz errichtet - mit einer Abwalmung oberhalb der Kehlbalkenlage
 
Aus: Hermann Günther und Norbert Bongartz:
        Baugeschichtliche Vertiefungen an einem wertvollen Routinefall.
        In: Denkmalpflege in Baden-Württemberg. Nachrichtenblatt des Landesdenkmalamtes. 16. Jahrgang (Juli – Sept. 1987), S. 142 -151. Hier S142f.


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